Besuch in Jersey

Auf Einladung des Bailiff of Jersey hat Bürgermeister Tobias Stockhoff den Liberation Day auf den britischen Kanalinseln besucht. Er spricht von beeindruckenden Tagen voller Versöhnung. 
 

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Die Bilder zeigen Eindrücke vom Aufenthalt des Dorstener Bürgermeisters Tobias Stockhoff auf der Insel Jersey rund um den Liberation Day am 9. Mai. Fotos: Stadt Dorsten

Auf Einladung des Bailiff of Jersey, Sir Tim Le Cocq, hat Bürgermeister Tobias Stockhoff vom 7. bis zum 10. Mai die Kanalinsel Jersey mit ihren rund 100.000 Einwohnern besucht. Der Bailiff ist der höchste zivile Repräsentant der Insel und zugleich der Parlamentspräsident, oberste Staatsbeamte und Richter der Insel Jersey, die zum englischen Kronbesitz gehört. Der englische Monarch Charles III. ist hier das Staatsoberhaupt – jedoch nicht als König sondern als Herzog der Normandie.

Die Stadt Dorsten dürfte rund 1200 Inselbewohnern der britischen Kanalinseln Jersey und Guernsey nicht in guter Erinnerung geblieben sein. Während das Vereinigte Königreich während des Zweiten Weltkrieges nicht von Nazi-Deutschland besetzt war, war das bei den Kanalinseln anders. Im Jahre 1942 wurden Menschen von Jersey und Guernsey zunächst nach Dorsten deportiert. Dort lebten sie unter schlechten Unterbringungsbedingungen in einem Gefangenenlager unweit der Schleuse in Dorsten.

Dorsten war jedoch nur eine Durchgangsstation. Später ging es weiter nach Baden-Württemberg in die Städte Bad Wurzach, Biberach und Laufen. In Dorsten starben mit Brian Skipton, James Waters und Florence Manning mindestens drei Inselbewohner. Sie liegen auf dem St. Agatha-Friedhof an der Gladbecker Straße begraben.

„Es waren beeindruckende Tage voller Versöhnung und Freundschaft, die ich dort erleben durfte. Aus Feinden sind inzwischen echte Freunde geworden. Menschen haben die Hände zur Versöhnung ausgestreckt“, sagt Tobias Stockhoff über seinen Aufenthalt.

Am Montag (8. Mai) diskutierte der Dorstener Bürgermeister u. a. mit dem Deutschen Botschafter im Vereinigten Königreich, Miguel Berger, seiner Bad Wurzacher Amtskollegin sowie Vertretern aus Jersey im Rathaus der Hauptstadt St. Helier, wie Erinnerungskultur auf Jersey und in Deutschland gelebt und weiterentwickelt wird. Mit dabei war auch die Cambridge-Professorin Dr. Gilly Carr, die im Oktober 2022 Dorsten besuchte und weitere Informationen über die Deportation der Menschen der Kanalinseln in Zusammenarbeit mit dem Dorstener Stadtarchivar Martin Köcher sammelte.

Die vielfältige und stark durch die Bürgerschaft geprägte Dorstener Erinnerungskultur unter der Überschrift „Erinnern für die Zukunft“ sowie die Ansätze der Demokratiebildung in Dorsten, wie z. B. die Tage des Grundgesetzes oder den Dorstener Stadtdialog für Menschenwürde, Demokratie und Respekt, beeindruckte die Gastgeber. Beim anschließenden Festbankett des Bailiff am Vorabend des Tages der Befreiung (Liberation Day) würdigten sowohl der Bailiff als auch Botschafter Miguel Berger die Erinnerungs- und Gedenkkultur von Bad Wurzach und Dorsten sowie die Freundschaft zwischen den beiden Völkern.

Am Dienstag wurde dann der Befreiung der Insel am 9. Mai 1945 mit einer Parlamentssitzung, einem Gedenkgottesdienst sowie einer besonderen Parade erinnert. Chief-Ministerin Kristina Moore betonte in ihrer Regierungserklärung die Bedeutung und die Notwendigkeit der Aussöhnung. Am Nachmittag legten dann Opfervertreter, der Repräsentant des Königs, Lieutenant Governor Jerry Kyd, der Bailiff, der deutsche Botschafter sowie die beiden deutschen Bürgermeister Kränze am Denkmal für die Zwangsarbeiter nieder.

Viele tausend Zwangsarbeiter aus ganz Europa mussten für die deutschen Besatzer damals Verteidigungsanlagen unter menschenverachtenden Bedingungen errichten. Die gemeinsame Zeremonie auf einem deutschen Soldatenfriedhof in Erinnerung an alle Opfer von Krieg, Terror und Gewalt war eine weitere große Geste der Versöhnung.

„Die große Gastfreundschaft und Wertschätzung haben mich tief beeindruckt“, sagt Tobias Stockhoff. Es sei wichtig, so der Bürgermeister, dass man sich seiner Geschichte stellt, aus ihr für die Zukunft lernt und den Austausch mit Menschen anderer Länder sucht: „Die Dorstener Bürgerschaft hat an vielen Stellen gezeigt, dass man die Geschichte nicht vergessen oder gar streichen will. Die Aufarbeitung durch die Gruppe ‚Dorsten unterm Hakenkreuz‘, die Gründung des Jüdischen Museums, die ‚Versöhnung über den Gräbern‘ des Dorstener Lehrers Franz Sternemann sowie die Durchführung der regelmäßigen Gedenktage unter Begleitung der Schulen sind ein ermutigendes Zeichen dafür.“

Gemeinsam mit dem Verein für Orts- und Heimatkunde Dorsten und Professorin Dr. Gilly Car möchte der Bürgermeister eine Veranstaltung in Dorsten organisieren, um dieses Kapital der Dorstener Geschichte präsenter in der Stadtgesellschaft werden zu lassen.
 

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